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Hochsitz über den Bäumen 

Architekturbüro Lechner & Lechner

Oberhalb von Salzburg hat das Architekturbüro Lechner & Lechner ein Einfamilienhaus realisiert. Christine Lechner erläutert, wie das Team, das seit vielen Jahren Holzbauten und Niedrigenergiehäuser gestaltet, die Aufgabe angegangen ist.

Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe? 


Auf jeden Fall im außergewöhnlichen Bauplatz: Das Grundstück befindet sich in einer Hanglage oberhalb der Stadt Salzburg. Man hat eine wunderbare Aussicht auf die schier endlose Berglandschaft. Zugleich befindet sich der Bauplatz am Übergang zwischen Stadt und Land. Im Hintergrund erstrecken sich Wälder, im Vordergrund liegt die Salzburger Altstadt. Die Hanglage bot uns zudem die Möglichkeit, ein Bauwerk zu entwerfen, das die Topographie erlebbar macht, einen starken Bezug zum Außenraum herstellt und schöne Fernblicke ermöglicht. Für diesen spannenden Kontext eine passende architektonische Antwort finden zu dürfen, bereitete uns großes Vergnügen.

Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?


Das Projekt ist einem Hochsitz nachempfunden. Dieser verjüngt sich in Richtung der Fernblicke, um die malerische Umgebung von jedem Raum aus erlebbar zu machen. Mit Materialität und Form haben wir auf die erwähnte Übergangsposition zwischen Stadt und Land reagiert. Uns ging es darum, traditionelle Materialien in ein Spannungsfeld mit modernen zu setzten. Die Schindelfassade und die Wände in Holzmassivbauweise wurden auf Sicht belassen und treffen auf Bauteile aus geschliffenem Sichtbeton sowie rohe Metallgeländer. Dies erzeugt eine kräftige Spannung und strahlt zugleich Gemütlichkeit aus.

Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?


Wie ich schon erklärt habe, haben die Hanglage und die Übergangsposition zwischen Stadt und Land den Entwurf entscheidend geprägt. Das Fehlen von horizontalen Flächen hat uns zur Schaffung der überdachten »Piazza« vor dem Haus angeregt. Neben den horizontalen Vorbereichen hat auch die Bergkulisse starke Auswirkungen auf die Form gehabt. Das Gebäude verjüngt sich, um von möglichst vielen Plätzen – sogar aus der Badewanne – schöne Ausblicke zu ermöglichen. Betritt man das Haus, wird diese Dramatik in der Diele noch bewusst verborgen. Erst im Wohngeschoss tritt sie dann umso prägender Erscheinung.

Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst? 


Das Projekt ist für die Bauherrschaft maßgeschneidert. Die Raumabfolge und das Raumprogramm wurden gemeinsam mit ihr erarbeitet. Auch die gestalterischen Wünsche unseres Bauherren – etwa nach einer runden, verglasten Öffnungen im Vordach inspiriert beim Anima Garten in Marrakesch von Andrew Heller – trugen zur formalen Erscheinung bei. Zudem wurde in der Projektarbeit gemeinsam überlegt, welche Blickachsen verstärkt und welche ausgeblendet werden sollen.

Gab es bedeutende Projektänderungen vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk?


Das Projekt wurde im Entwurfprozess immer weiter verfeinert. Es gab verschiedene Varianten, die sich hinsichtlich der architektonischen Grundintention sehr ähnlich waren, aber unterschiedlich mit Privatheit und Offenheit umgingen. Bei den Änderungen an der Gestaltung ging es um Blickachsen beziehungsweise -beziehungen. Wohin sollte sich das Haus öffnen und wohin eben nicht?

Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten des Büros ein?


In unserer Bürogesichte beschäftigen wir uns schon lange mit der Neuinterpretation des Holzbaus und dem nachhaltigen Bauen an sich. Wenn man so will, war unser Startpunkt das Atriumhaus »Kuchl« Anfang der 1990er-Jahre, das wir in Holzrahmenbauweise errichtet haben. In den Jahren danach folgten verschiedene Projekte, im Zuge derer wir verschiedene Holzbauten und Niedrigenerigiehäuser umsetzten durften. Hinsichtlich der Materialwahl sind die »Vorgänger« des Projekts der Internats-Anbau an das LWS Winkelhof aus Brettsperrholzplatten und das Privathaus »F&A« mit seinem Schindelkleid. Und die Thematik der Blickbeziehungen ist in dieser Dramatik vor allem in der amorphen Skulptur am Weiher in Salzburg zu finden, deren Form sich aus den Blickachsen herleitete und die in Holzständerbauweise errichtet wurde.

Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt? 


Man könnte nun kritisieren, dass es sich um ein Einfamilienhaus handelt. Die Probleme, die diese Typologie mit sich bringt, sind ja hinlänglich bekannt. Das Projekt fügt sich durchaus in die aktuellen Tendenzen des gesellschaftlichen Diskurses ein, wurde aber unabhängig von diesem in einer ökologischen Bauweise konzipiert. Wir setzten uns als Architekturbüro schon seit den frühen 1990er-Jahren mit dem Holzbau und der Ökologisierung unserer Projekte auseinander und bauen mit diesem Entwurf auf ein lange Tradition energiesparender Projekte auf.

Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?


Die Mischung aus Holzbauweise, Wänden aus Sichtbeton und Roheisen erzeugt Spannung und Gemütlichkeit zugleich. Konstruktiv sind alle erdberührenden Bauteile in Stahlbeton ausgeführt. Die restlichen Wände und Decken sowie das gesamte Obergeschoss sind in Holzbauweise umgesetzt. Unterstützend kamen je nach statischen Erfordernissen Stahlträger und Stahlstützen zum Einsatz. Nichts davon wird verborgen, sondern alle Elemente werden bewusst in ihrer rohen Schönheit gezeigt.

Bauwerk
»Hochsitz über den Bäumen«
 
Standort
Salzburg
 
Nutzung
Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung
 
Auftragsart
direkt
 
Bauherrschaft
privat
 
Architektur
Architekturbüro Lechner & Lechner, Salzburg
Projektleitung: Mag. Christine Lechner
 
Fachplaner 
Statik: DI Thomas Forsthuber, Salzburg
 
Jahr der Fertigstellung
2019
 
Maßgeblich beteiligte Unternehmer 
Baumeister: Bauunternehmung Steiner GmbH, Schwemmberg
Zimmerer: Holzform Holzbau GmbH, Gschwand
Installateur: Werner Steiner Installationen GmbH, Hallein
 
Fotos
Melissa Zgouridi



 

austrian-architetcs.com - "Bau der Woche"

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