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SALZBURGER NACHRICHTEN 2023

Vom Mühlstein zur Töpferscheibe

Salzburger Nachrichten | Autorenschaft Gernot Stadler

Zeitgemäßes Wohnen in historischem Schmuckstück in Zell am Moos.

Die Bildhauerin Caroline Göllner und der IT-Fachmann Martin Konzett in einer Hunderte Jahre alten Mühle

Einige ihrer Freunde waren anfangs skeptisch. Zu wenig Sonne, zu schattig, zu feucht, der Wald und die Straße zu nah. Das romantische zweistöckige Häuschen mit Satteldach, blauen Fensterfaschen und blau gestrichenen Läden liegt dort, wo die Straße über den Mondsee­berg von Haslau kommend in den Wald ein• taucht. Kein weiteres Haus in Sichtweite, nur Natur ringsum. Und als ehemalige Mühle natürlich direkt neben der Straße und der Vockla, die ein paar Kilometer weiter oben am Mondseeberg entspringt. Die umliegenden Bauern ließen hier ihr Korn mahlen, bis der letzte Müller in der Zwischenkriegszeit sein Gewerbe an den Nagel hing. In den 196oer Jahren machte ein deutsches Ehepaar sein Wohnhaus daraus. Auch wenn Gerinne und Wasserrad ver• schwunden sind, einiges verändert und für andere Zwecke adaptiert wurde, ist der hohe Mühlenraum heute noch als solcher gut er- kennbar. Ein Mühlstein an der Hauswand erinnert an die frühere Bestimmung. 

Aufgefrischt nach 100 Jahren 


Martin Konzert und Carotine Göllner verliebten sich gleich in die dicken Mauern und die alten Dielenböden, auf denen die Spuren der Zeit abzulesen sind. Sie verbrachten viele Wochenenden mit der Dachsanierung, mit Boden- und Balkenschleifen, Räume spachteln, Fenstertauschen. Als Nachwuchs ins Haus stand, mussten Entscheidungen getroffen werden. Carotine Göllner arbeitete bis dahin als Ausstatterin und Kulissenbauerin für Print und Fernsehen in Wien und Salzburg, unter anderem auch für ServusTV. Ein stressiger Job, der mit kleinen Kindern nur schwer machbar war. Eine eigene Bild· hauer• und Keramikwekstatt im neuen Zuhause war die Idee. Nebenbei erwies sich die im Winter schwer beheizbare Mühle mit ihren hohen Räumen im Erdgeschoß als untauglich für die wachsende Familie. Martin Konzert er• zählt: ,.Wir dachten, wir können das alles selbst bewältigen. Aber man denkt nicht groß genug und uns wurde klar, dass wir professionelle Hilfe brauchen oder auszie• hen müssen."

Der Architekturfotograf und IT·Profi kannte das Wohn- und Atelierhaus der Lechner & Lechner Architekten in der Salzburger Priesterhausgasse und wandte sich 2018 an sie .Für eine Familie braucht es einfach Entflechtung und bestimmte Zonen", stellte Architektin Christine Lechner fest. Sie half bei der klaren Trennung in Arbeits- und Wohnbereich und holte mit ih· rem Entwurf die Natur in die alte Mühle. Das Erdgeschoß ist seither Arbeitszone. Die Keramikwerkstatt befindet sich in der früheren Küche direkt neben dem Eingang. In den Regalen stapeln sich Rohlinge und Gussformen. Im Garten davor stehen einige der größeren Arbeiten aus der Zeit von Ca• roline Göllners Bildhauerstudium an der Kunstuni Linz: Ton• und Steinköpfe, Mas• ken, Figuren und dazwischen immer wieder selbst gestaltete und bepflanzte Übertöpfe aus Beton und Keramik. Nur eine halbe Autostunde von Salzburg entdeckt man hier wunderschöne Unikate. 

Für die regelmäßig stattfindenden Kera• mikkurse ist der große Mühlenraum hinter der Werkstatt das ideale Ambiente. Der Raum wirkt allein schon durch seine Höhe, die originalen Holzträger, die dicken Mau• ern mit dem unebenen Putz und die hohen alten Bogenfenster. Und das sollte auch so bleiben. Die alten Holzbalken wurden nur durch zusätzliche Holzbinder verstärkt und mit Eisenstehern abgestützt.Die notwendigen statischen Ertüchtigungen soll und darf man sehen", befindet Architektin Christine Lechner beim Gang durch das Haus. In den Regalen unter den Fenstern sind weitere Einzelstücke der Kunsthand• werkerin zu sehen: Geschirr, Windlichter, Figuren und der allgegenwärtige Blumen-topf-Kopf „Hermann• in verschiedenen Variationen. 

In die beiden Obergeschoße fuhren knar­zende alte Holzstiegen. Auf halber Höhe über dem Mühlenraum liegt eine Galerie, in der sich Martin Konzert seinen Arbeitsbereich einrichtete. Der Schreibtisch liegt direkt vor einem neu ausgeschnittenen quadratischen Fenster zum Mühlenbach und in den Wald - einem „Bilderrahmen in die Natur. Weiter oben im ersten Stock ist die Geschoßhöhe durch den darunterliegenden Mühlenraum sehr gedrückt. Der Architektin war es gleich bei der ersten Besichtigung zu eng und zu finster. Da gehören Luft und Landschaft rein" war ihr Befund und sie scribbelte sofort ihren Vorschlag: eine raum•hohe Fensterfront auf der rückwärtigen Schmalseite des Hauses und eine galerieartige Öffnung der Geschoßdecke bis unter den Giebel. So wurde es auch gemacht. Von Küche und Esstisch blickt man nun direkt ins Grüne und hinaus auf einen neu angelegten Balkon, der zu einer großen Holzterrasse führt, die den einstigen Graben zwischen Haus und Hang überspannt. Christine Lechner: .,Der Privatbereich war zuvor von der Natur abgeschnitten. Jetzt ist die Natur vom Wohnbereich aus fühlbar und sicher erreichbar für die Kinder. 

Wieder über alte Holztreppen geht es hinauf unter den Giebel, von dem man hinun• ter in die Wohnküche und durch ein vergrößertes Fenster hinaus in den Wald schaut. Über große Dachflächenfenster kommt zusätzlich Licht ins Innere. Hier gibt es eine gemütliche Couchecke und das Elternschlaf• zimmer - der wärmste Platz im Haus. Ist die Familie Göllner•Konzett nun am Ende ihrer Umbauvorhaben? .,Umgebaut wird bei uns seit Beginn an", sagt Göllner . .,Und es gibt immer wieder Pläne, was noch verändert werden kann." So etwa im ersten Stock, in dem durch Holzeinbauten zwei Kinderzim• merkojen entstanden sind, die je nach Be· darf ganz voneinander abgetrennt werden können - oder wieder zusammengelegt. 

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